Energieanwendung

22.11.2018

Lungen der Industrie

Mit ihrer charakteristischen Form ragen Gasometer aus der Landschaft hervor. Einst spielten sie eine wichtige Rolle in der Industrialisierung. Kaum vorstellbar bei dem, was heute in ihnen vorgeht.

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Im dänischen Kopenhagen dient ein Gasspeicher seit 1979 als Theater. Das «Østre Gasværk Teater» ist einmalige Kulisse für Stücke wie «Pelle der Eroberer» von Martin Andersen (Szenenbild, zVg Østre Gasværk Teater).

Sie stehen mal stumm am Horizont, mal mitten in der Stadt und überall in der industriali­sierten Welt: rund, aus Stein und Stahl. Sogenannte Gasometer sind Teil der Industrie­geschichte. Die ersten solchen Gas­speicher entstanden im 19. Jahr­hundert in England. Damals wurde Gas lokal aus Kohle herge­stellt und diente zum Beispiel der Beleuchtung. Öllampen und Kerzen verschwanden aus Häusern, Fabriken wurden taghell erleuchtet, die Industriali­sierung war in voller Fahrt. Und Gasometer dienten als Puffer, sodass nicht ständig Gas produ­ziert werden musste.

Ursprünglich der Name für das Messgerät, das weithin sichtbar Gasdruck und Füll­stand anzeigte, wurde Gasometer zum Begriff für das gesamte Bauwerk. Die ersten waren gemauert, um architek­tonisch mit der Stadt zu verschmelzen. Eine bewegliche Glocke im Innern glich den Füll­stand aus. Später kamen metallene Teleskop­konstruk­tionen zum Einsatz.

1843 wurde in Bern die erste Schweizer Gasfabrik eröffnet. 1973 wurde sie stillgelegt. Bereits kurz darauf wurden die beiden Gas­reservoirs neben der Aare für kulturelle Veran­staltungen genutzt. Noch heute ist der «Gaskessel» ein Kultur­zen­trum für Jugendliche. (Foto: zVg Gaskessel)

Heute sind Gasometer zu Monumenten geworden. Ihren Zweck erfüllen heute kugel­förmige Hochdruck­tanks oder das Gas­netz selber. Licht wird heute elektrisch erzeugt, Gas aus der Erde gefördert oder in Biogasanlagen produziert. Die einstigen Lungen der Industrie atmen nicht mehr. Und doch stehen viele noch. In Gross­britannien, wo einst jede kleinere Stadt von einem Gasometer überragt wurde, setzt sich die Victorian Society für ihren Erhalt ein. Und überall in Europa entdecken die Menschen die steinernen Zeit­zeugen wieder: Umgebaut und neu genutzt, haben viele Gasometer ihren Platz in der Gegen­wart gefunden. Ein zweites Leben für ein Stück Industrie­geschichte.

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