Geschichte

16.06.2019

Der Bergeller Adel und seine Schlösser

Christian Speck / Roberto Sysa Moiola
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Leben wie die Salis in Soglio – und wenn es nur für ein Wochenende ist im Palazzo.

Sie sind typisch fürs Bergell, die feudalen Paläste, die man in diesem steilen Bergtal so nicht erwarten würde. Aber auch mitten in den engen Dörfern gibt es plötzlich einen französischen Garten, der von altem Wohlstand zeugt. Es war vor allem die Familie von Salis-Soglio, die sich hier solche Prachtbauten leisten konnte – und ihre Vertrauten und Mitarbeiter, die von ihrem unternehmerischen Geschick profitierten. Die von Salis-Soglio waren Militärunternehmer, Offiziere und Diplomaten in lombardischen, französischen, preussischen und habsburgischen Diensten. Die traditionell protestantischen von Salis hatten weder konfessionelle noch politische Berührungsängste und arbeiteten da, wo sie bezahlt wurden. So war Johann Ulrich von Salis-Soglio im Sonderbundskrieg 1847 Kommandant der Truppen der katholisch-konservativen Sonderbundskantone, obwohl er selbst nicht katholisch und Graubünden nicht Teil des Sonderbunds war.

Der Palazzo Salis in Soglio.

Ein anderer Abkömmling der Familie, Daniel von Salis-Soglio, baute in österreichisch-ungarischen Diensten die Festung Przemyśl nach modernsten Kriterien aus – oder wollte es zumindest. Budgetkürzungen führten immer wieder dazu, dass er seine Pläne reduzieren musste. Im Ersten Weltkrieg wurde die Festung während der grössten Belagerung des Krieges mit ihrem zentralen «Fort Salis-Soglio» komplett zerschossen. Die Anlage erlangte literarischen Weltruhm, weil Jaroslav Hašek seinen Antihelden, den braven Soldaten Josef Schwejk, in der zerstörten Festung zwischen den Fronten in immer jeweils der falschen Uniform umherirren liess. Daniel von Salis-Soglio erlebte das Fiasko noch – oder die Genugtuung, es besser gewusst zu haben. Er starb hochbetagt 1919 im sicheren Chur.
Die von Salis überzogen nicht nur das Bergell mit ihren Palästen, sondern ganz Graubünden. Das «Graue Haus», heute Regierungssitz, und das «Alte Gebäu» in Chur, heute das Gerichtsgebäude, sind ebenfalls Salis-Paläste. Der ans Alte Gebäu angrenzende Fontana-Park, die grösste Grünfläche innerhalb der alten Churer Stadtmauern, war der private Garten. Mehr als 20 Schlösser und Herrensitze, hauptsächlich in Graubünden, aber auch in England und Deutschland, gehen auf die von Salis zurück und befinden sich zum Teil noch immer in Familienbesitz.

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